
Sehr geehrter Herr Bundeskanzler!
Nach Ihrer heutigen Rede an die Nation möchte ich Ihnen danken. Zwar stimme ich mit Armin Thurnher in seiner “Seuchenkolumne” überein, dass Sie offensichtlich zuerst an die Partei und erst danach an das Land denken, aber wenn Ihre Partei an das Land denkt, dann ist’s eh wieder okay… 😉
Wir Alten haben es anders gelernt. Wir Alten sind vor 1991 erwachsen geworden, vor dem Fall des Kommunismus und dem Aufstieg des Internets. Bei uns, in der analogen Welt, gab es noch Regeln, ein “Davor” und ein “Danach”, ein “Zuerst” und ein “Später”. Da gab es klare Trennungen, Trennungen zwischen Orten und Zeiten.
Heute, eine Generation später, gibt es alles zugleich. Alles geschieht auf einmal, alles gleichzeitig und überall, “in Echtzeit” und “im Netz”. Wir sind heimatlos geworden, heimatlos und entwurzelt. Wir haben tausende “Freunde” und sind dennoch allein.
Heute, in der virtuellen Welt, gelten andere Regeln. Wir Alten beherrschen diese Regeln noch nicht. Wir hinken hintennach. Früher gingen wir voran, heute sind wir hinterher. Alles ist schneller geworden, alles ist digital geworden, alles virtuell. Irreal.
Es wird Zeit, innezuhalten. Es wird Zeit, zur Ruhe zu kommen. Es wird Zeit, uns zu besinnen. JedeR von uns weiß, dass es so nicht mehr weitergeht. JedeR von uns weiß, dass unser Planet stirbt. JedeR von uns weiß, dass der “Klimawandel” ein Zeichen ist; ein Zeichen, das wir alle nicht verstehen.
Wir alle verbrauchen zu viele Ressourcen. Wir alle verbrauchen zu viel Energie. Wir alle verbrauchen zu viel Arbeit. Wir Menschen haben alles Mögliche geschaffen und dabei alles Mögliche ruiniert. Unsere Kultur zerstört die Natur. Das ist das erste und einfachste Gesetz der Menschheit. Alles Künstliche ist widernatürlich.
Lassen wir das Künstliche virtuell werden – und belassen wir das Natürliche real. Besinnen wir uns auf das Wesen-t-liche, werden wir langsam und kommen wir zur Ruhe.
Endlich Lockdown!
Was will ich Ihnen sagen? Ich will Ihnen danken. Viele von uns glauben, dass wir es besser machen könnten als Sie. Aber niemand kann es besser. Jetzt gerade sind Sie am Zug. Und Sie machen es nicht nur so gut Sie können, Sie machen es sogar gekonnt. Selbstverständlich bin ich nicht mit allem einverstanden, vielleicht sogar mit vielem überhaupt nicht. (Ich hab die Volkspartei noch nie gewählt…) Aber:
Ich vertraue ihnen. Ich glaube, Sie haben es begriffen. Sie haben begriffen, was es heißt, Bundeskanzler der Republik Österreich zu sein; jenes Landes, das den Holocaust erfunden hat.
Lieber Sebastian Kurz,
Danke.
Hochachtungsvoll
PW
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