Die Eleganz der österreichischen “Realverfassung”

Heute, Freitag, den 19. November 2021, wurden in Österreich ein neuerlicher 20tägiger Lockdown sowie eine Impfpflicht gegen das Coronavirus beschlossen. Diese gravierende Entscheidung bedeutet massive Einschränkungen der Grundrechte und hat weltweit Aufsehen erregt:

Einen bundesweiten Lockdown kann in unserem Land laut Gesetz nur der Bundesminister für Gesundheit verordnen. Diese Verordnung muss vom Hauptausschuss des Nationalrats, der ersten Kammer des Parlaments, genehmigt werden.

Eine Impfpflicht muss der österreichische Nationalrat beschließen. Dieser Beschluss muss danach von der zweiten Kammer des Parlaments, dem Bundesrat, genehmigt werden. Zuletzt verlangt jedes Gesetz die Gegenzeichnung durch den Bundespräsidenten.

Soweit die verfassungsmäßige Grundlage, die von unserem Bundespräsidenten insgesamt als “die Eleganz unserer Verfassung” gepriesen wurde. In Österreich herrscht jedoch eine zweite, die sogenannte “Realverfassung”. In der Realität sieht das Ganze daher so aus:

Mutmaßlich 8 Personen unterschreiben ein blau ausgedrucktes mutmaßliches MS-Word-Dokument mit bunten Stiften auf braunem Papier. Bei diesen 8 Personen handelt es sich mutmaßlich um 6 Landeshauptleute (für unsere deutschen Gäste: Ministerpräsidenten), sowie möglicherweise den Bundeskanzler der Republik Österreich und den Bundesminister für Soziales, Gesundheit und Konsumentenschutz.

Graphologen, Forensiker und Historiker werden uns dereinst Auskunft geben, um welche Personen es sich dabei wirklich gehandelt und wo diese Aktion stattgefunden hat.

Der Schlusssatz “Alle hier beschriebenen Maßnahmen werden im Parlament von den drei Parlamentsparteien ÖVP, SPÖ und Grüne mitgetragen” scheint dabei von eher geringerer Bedeutung zu sein. Keine(!) der unterzeichneten Personen ist Parlamentarier, geschweige denn Parteiobmann oder Klubobmann (für unsere deutschen Gäste: Parteivorsitzende*r oder Fraktionsführer*in).

Man kann froh sein, dass die mutmaßlichen 8 Personen (Österreich hat übrigens 9 Bundesländer) bei ihrer politischen Aktion kein teures Tischtuch beschmiert haben. Es bleibt zu hoffen, dass das betreffende Dokument etwas besser altert als das Dokument seiner Vorgängeraktion:

Für alle Beteiligten gilt die Unschuldsvermutung.

Wie unsere deutschen Gäste zu sagen pflegen: “Die Lage ist ernst, aber nicht hoffnungslos.” Wir Österreicher hingegen wissen: “Die Lage ist hoffnungslos, aber nicht ernst.”

Willkommen in Absurdistan!

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