
In Österreich wird großflächig gelogen. Insbesondere in der Politik scheint die Lüge zum Programm geworden zu sein. Der hier abgebildete Finanzminister unserer Republik, Gernot Blümel, wurde diesbezüglich berühmt, als er als Zeuge im parlamentarischen Untersuchungsausschuss zum “Ibiza”-Korruptionsskandal aussagte. Auf die Frage, ob er ausschließen könne, dass ihm vom Glücksspielkonzern Novomatic je Spenden angeboten wurden, antwortete er:
“Ich kann für mich ausschließen, dass ich mich erinnern kann, dass das ein Thema war.” Insgesamt hatte er bei dieser Befragung 86(!) mal “keine Erinnerung” oder “keine Wahrnehmung”. Und statt der versprochenen “lückenlosen Aufklärung” werden wir bis heute mit den immergleichen verbissenen Stehsätzen abgespeist.
Erstens fragt man sich dabei, wofür diese Leute überhaupt bezahlt werden. Und zweitens stellt sich die Frage, warum wir uns das in dieser Weise bieten lassen. Ich habe dafür nur eine Erklärung. Es ist die “Christkind-Theorie”:
Das schönste Fest für uns Österreicher ist ohne Zweifel Weihnachten. Seit unserer frühen Kindheit freuen wir uns wochenlang darauf, manche schon das ganze Jahr lang. Weihnachten ist das Fest der Freude, des Friedens und der Geschenke.
Seit unserer frühen Kindheit hat man uns dabei erzählt, dass “das Christkind” die Geschenke bringt. Im Laufe unseres Erwachsenwerdens bemerkten wir nach und nach, dass diese Version vielleicht nicht ganz stimmt. Beweisen konnten wir es als Kinder nie, es sei denn, wir hätten irgendwann durch das Schlüsselloch gespäht und unsere Eltern dabei ertappt, wie sie am Vorabend den Baum schmückten und die Geschenke verpackten. Doch ein solches Vorgehen war Gott sei Dank verboten. Außerdem geschah dies in der Nacht, wo alle friedlich zu schlafen haben.
Niemand von uns hätte es sich gewünscht, in der Nacht vor Weihnachten nicht schlafen zu können, vom Bett aufzustehen, verbotenerweise zum Wohnzimmer zu gehen und dort die Eltern zu ertappen. Was hätte es auch genützt? Der Preis der Übertretung eines solchen Verbots wäre unvorstellbar gewesen, nicht auszudenken. So gaben wir vor zu schlafen und bedankten uns danach artig für die Geschenke.
Politiker wie Gernot Blümel schlagen aus dieser Geschichte Kapital. Wie damals zu Weihnachten versprechen sie uns Geschenke. Wie damals zu Weihnachten dürfen wir uns alles wünschen. Wie damals zu Weihnachten wird das alles angeblich von jemand anderem bezahlt. Wie damals zu Weihnachten sollen wir nur einfach daran glauben. Wie damals zu Weihnachten sind Fragen nicht erwünscht. Wie damals zu Weihnachten bleibt alles ein großes Geheimnis.
Wie damals spüren wir aber, dass an dieser Geschichte etwas nicht stimmt. Wie damals trauen wir uns nicht, es auszusprechen. Wie damals erfüllt uns diese Lüge mit Scham. Wie damals geben wir daher vor, nichts zu bemerken. Und wie damals spielen alle dabei mit.
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