In Österreich sind wir vom Coronavirus genauso betroffen wie jedes andere Land der Welt. Das ist das Wesen einer Pandemie. Doch Österreich zeigt in dieser Krisensituation wieder seinen ureigensten Charakter. Während wir im Frühling des letzten Jahres im ersten Lockdown halbwegs passabel durch die Krise gekommen sind, schlitterten wir nach dem Sommer mit voller Wucht in Rekordwerte des Infektionsgeschehens. Im November und Dezember hatten wir eine Übersterblichkeit von bis zu 60 Prozent.

Um diese Katastrophe in den Griff zu bekommen, befinden wir uns nun seit November im Lockdown. Es ist eine österreichische Form des Lockdowns, die sich dadurch auszeichnet, dass sich jedermann jederzeit frei bewegen kann und sogar Eislaufplätze und Schipisten geöffnet sind. Aus diesem Grund gehen die Infektionszahlen auch viel langsamer zurück als erhofft.
Unser Lockdown ist vorläufig mit 8. Februar befristet und hat das Ziel, die 7-Tages-Inzidenz unter 50 (tägliche Infektionen pro 100.000 Einwohner) zu drücken. Ab diesem Wert können die Ansteckungen wieder zurückverfolgt werden. Somit hätten wir das Virus wieder unter Kontrolle. Doch anstatt dieses Ziel im Auge zu behalten, entbrennt nun landesweit die Diskussion, ob der Lockdown am 8. Februar beendet werden soll.
Gerade heute habe ich mit einer Freundin telefoniert, die zu mir gemeint hat: “Mir reicht es jetzt. Ich will, dass der Lockdown am 8. Februar beendet wird. Ich will wieder ins Kaffeehaus gehen können.”
Faktum ist, dass das Virus nur unter Kontrolle gebracht werden kann, wenn wir unsere Kontakte beschränken. Wenn im ganzen Land unsere Kontakte um 50 Prozent sinken, dann gehen auch die Infektionszahlen entsprechend zurück. Wenn wir unsere Kontaktbeschränkungen aufheben, werden die Infektionszahlen wieder explodieren.
Die Infektionszahlen sind nicht das eigentliche Problem. Mehr als 98 Prozent der Menschen überleben diese Infektion normalerweise. Das Problem ist die medizinische Versorgung. Wenn die Intensivstationen überlastet sind, dann überleben, wie zu Beginn in Italien, nur noch 90 Prozent. Die anderen werden ermordet.
Unsere Kontakte ermorden Menschen. Das ist schwer zu begreifen, aber das ist das Wesen einer Pandemie.
“Ich will wieder ins Kaffeehaus gehen!”
Um welchen Preis?
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