

Dipl.Ing. Herbert Wurm
(19.01.1940 – 03.01.2023)
Für jetzt bleiben Glaube, Hoffnung, Liebe, diese drei; doch am größten unter ihnen ist die Liebe.
(1 Kor 13,13; Das Hohelied der Liebe)






Die Einladung zur Trauerfeier:
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Der Audio-Mitschnitt:
Begräbnis Dipl.Ing. Herbert Wurm (Audio):
(MP3-Audio)
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Rede am Grab meines Vaters:
Lieber Papi!
Als Hannes und ich in der letzten Woche nach der Verabschiedung in Sankt Anna nochmals gemeinsam in Deinem Zimmer waren, da haben wir den Entwurf Deines Partezettels gefunden, den Du vor vielen Jahren einmal selbst angefertigt hast. Damals hast Du als Deinen Spruch für die Parte das Gedicht von Franz Stelzhamer über das Innviertel gewählt:
„In‘d Augn schaun und d‘Händ gebn,
net kriachn am Bauch,
grad aussa, wia‘s drin is,
is Innviertler Brauch.“
Dieses Motto hast Du Dein Leben lang, gegen alle Widerstände und allen Widrigkeiten zum Trotz, einfach gelebt. Im letzten Jahr wolltest Du dann das Zitat aus dem Hohelied der Liebe des Apostel Paulus haben, das jetzt eben auf der Parte steht, das Dein Innerstes vielleicht noch besser beschreibt. Franz Stelzhamer ruft jedenfalls meine ersten Erinnerungen an Dich wach:
Immer, wenn wir zu Opapa und Omama auf Besuch gefahren sind, hierher nach Ried oder später auch nach Hallein, da hast Du, jedesmal, wenn wir auf der Westautobahn über die Enns gefahren sind und die Landesgrenze nach Oberösterreich passiert haben, zu singen begonnen: Hoamatlånd, die oberösterreichische Landeshymne, gedichtet von Franz Stelzhamer. Und als ich Dich irgendwann im letzten Jahr gefragt habe: „Was ist Dein Lieblingslied?“ da hast Du mit nur einem Wort geantwortet: „Hoamatlånd.“ Daher werden wir dieses Lied, den „Hoamatgsang“, auch dann als Schlussgesang hier spielen, bevor wir Dich auf Deinem letzten irdischen Weg begleiten, hinüber ins Grab der Familie Wurm.
Diese Fahrten nach Ried und Hallein habe ich immer in sehr schöner Erinnerung gehabt. Du bist am Steuer gesessen, Mami am Beifahrersitz, ich hinter Dir und Hannes hinter Mami. Manchmal war auch Tante Ike dabei, die ist dann zwischen uns Kindern hinten in der Mitte gesessen, zuerst in Deinem geliebten Sunbeam und danach im Mercedes. Wir haben dann immer wieder Ratespiele gespielt, und Ike hat dann bei jeder richtigen Antwort von einem von uns gesagt: „Ich gratuliere dem Kandidaten in Kabine A!“ oder „Ich gratuliere dem Kandidaten in Kabine B!“ – wie im damals populären „Quiz 21“. Der Kandidat in Kabine A war, soweit ich mich erinnere, ich, links, und der Kandidat in Kabine B war Hannes, rechts.
Du hast dann immer wieder die Sprüche von uns Kindern aufgeschrieben und gesammelt. Hannes hat viel mehr Sprüche gehabt, und die viel cooleren noch dazu. Hannes hat zum Beispiel einmal, als wir Gäste gehabt haben, ganz alleine in seinem Kinderzimmer „Kaufmannsladen“ gespielt. Und irgendwann haben wir die Stimme von Hannes bis ins Wohnzimmer herüber gehört, wie er aus seinem Kinderzimmer gerufen hat: „Bitte, bitte, kauft etwas, sonst sperr‘ ich zu!“ Hannes hat damit, bereits als Vorschulkind, alle Wirtschaftskrisen, von den 1970er Jahren bis heute, mit einem Satz gültig zusammengefasst.
Auch einen zweiten Spruch von Hannes habe ich mir bis heute gemerkt. Dieser hat damit zu tun, dass Du ein begeisterter Anhänger der sogenannten Klassischen Musik warst. Neben unseren sonntäglichen Kirchgängen zu den klassischen Messen in der Wiener Augustinerkirche sind mir Deine eigenen klassischen Vorlieben von Bach über Händel bis Schubert in Erinnerung. Die Musikauswahl dieser Trauerfeier zeugt davon. So bist Du also einmal selbst am Klavier in im Esszimmer der Silbergasse gesessen und hast möglicherweise sogar das C-Dur Präludium von Bach gespielt, das wir gerade gehört haben, als Hannes hereinkam. Er hatte seinen kleinen Cassettenrecorder in der Hand, schaute Dich an und sagte: „Papi, da drin ist eine viel schönere Musik als bei Dir.“ Deine Karriere als Pianist war damit schon vor ihrem Beginn abrupt beendet und Du bliebst Techniker und Betriebswirt.
Diese Sprüche von Hannes bringen mich auf Deine Sprüche. Du warst, im wahrsten Sinne des Wortes, der geistreichste Mensch, der mir jemals begegnet ist. Wie das so ist bei geistreichen Menschen, bliebst Du allzu oft unverstanden, was auch daran gelegen ist, dass Dein blühender Humor extra trocken war. Ich erinnere mich an Deinen 80. Geburtstag, vor fast genau drei Jahren, als Du wieder einmal kurz im Spital warst. Da warst Du schon wieder gut drauf, weil Dich kurz zuvor Eva, Deine Seelsorgerin, und Lisi, Deine Pflegerin, besucht haben. Und bei diesem langen Gespräch am Nachmittag hast Du dann zu mir gemeint: „Weißt Du, Peter, jetzt bin ich 80. Wenn ich Glück habe, dann lebe ich noch 20 Jahre, dann bin ich 100.“ Und ich habe Dich angeschaut und Dich gefragt: „Und was ist, wenn Du Pech hast?“ Da hast Du geantwortet: „Dann dauert‘s länger…“
Papi, ich bin Dir dankbar. Ich bin Dir dankbar, dass Du da warst, ich bin Dir dankbar, dass ich da bin, ich bin Dir dankbar, dass Hannes da ist und unsere Kinder, Deine Enkel. Ich erinnere mich noch genau, als ich Dich vor mehr als zwanzig Jahren – nach jahrelanger Eiszeit der Kontaktlosigkeit – wiedergefunden hatte. Da war ich gerade, im Zuge der unglaublich schmerzhaften Krise meiner ersten Scheidung, bei Freunden im steirischen Ennstal. Und ich konnte nicht schlafen und war völlig verzweifelt. Und um circa drei, halb vier Uhr in der Früh, es war noch Nacht, hab ich es nicht mehr ausgehalten, zum Telefon gegriffen und Dich angerufen. Und ich hab Dir eine Stunde lang ins Telefon geheult und Rotz und Wasser geplärrt. Und nach einer Stunde, noch knapp vor der Morgendämmerung, haben wir uns voneinander verabschiedet. Und ich habe zu Dir gesagt: „Papi, ich danke Dir, dass ich Dich 24 Stunden am Tag anrufen kann.“ Und Du hast geantwortet: „Ich bin ja auch 24 Stunden am Tag Dein Vater.“
Papi, es gibt im Christentum eine Legende: Wenn Du gestorben bist und vor der Himmelstüre stehst, dann wirst Du anklopfen. Und Petrus wird die Türe einen Spalt öffnen und Dich fragen, ob Du würdig bist, einzutreten. Und Du wirst Petrus Deine guten Werke vortragen, um zu beweisen, dass Du würdig bist. Und Petrus wird Dir geduldig zuhören. Und wenn Du fertig gesprochen hast, dann wird Dich Petrus anschauen. Und er wird Dir genau eine Frage stellen: „Gibt es dafür einen Zeugen?“
Und dann, Papi, beruf’ Dich auf uns.
Danke, Papi! Es war wundervoll, dass Du da warst. Mach’s gut da oben. Und pass’ weiterhin gut auf uns auf. 24 Stunden am Tag! Danke.
(Ried im Innkreis, 14.01.2023)
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Das Vermächtnis:
„Wie stellst Du Dir den Himmel vor?”
(MP3-Audio)
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Danke, Papi!
Danke, Herbert!
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Wegbeschreibung für Besucher: Die Hauptallee geradeaus entlang und beim Würzner links. 😊
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