Hat Gott einen Sinn?

Viktor Frankls “Logotherapie” beschäftigt sich mit der Frage nach dem “Sinn”. Die Grundlage dessen drückt Frankl so aus: “Wer ein ‘Warum’ zum Leben hat, der erträgt auch jedes ‘wie’.”

Viktor Frankl schreibt dieses Zitat Friedrich Nietzsche zu. Dieser hat jedoch so formuliert: “Wer ein ‘Wofür’ des Lebens hat, der erträgt auch jedes ‘wie’.”

Der Unterschied scheint vernachlässigbar, ist jedoch grundlegend. “Warum?” stellt die Frage nach dem Grund. “Wofür?” stellt die Frage nach dem Zweck. Der Grund beantwortet die Frage “Woher komme ich?”. Der Zweck beantwortet die Frage “Wohin will ich?”

Der Grund beantwortet die Frage nach “Gott”. Der Zweck beantwortet die Frage nach dem “Sinn”. Friedrich Nietzsche ging von “Gott” aus, Viktor Frankl vom “Sinn”. Nietzsche ist im Irrenhaus gestorben, Frankl hat das Konzentrationslager überlebt. Nietzsche hat die philosophischen Fragen hinterlassen, Frankl die psychologischen Antworten darauf gegeben.

Wenn es ein “Warum” gibt, dann gibt es auch ein “Wofür”. Wie kann man dies erfassen? Atheisten, die die Frage nach dem “Warum?” verneinen, müssen das “Wofür?” letztendlich messen und landen dabei zwangsläufig bei “Geld”.

Dieses Weltbild bricht gerade vor unseren Augen zusammen. Das Transzendentale, “Unaussprechliche” ist unmessbar. Dabei stehen wir vor der Entscheidung, ob es nach “oben” oder nach “unten” unmessbar ist. Das Unmessbare ist daher entweder “Unendlich” oder “Null”. Mit dem unmessbar Großen (“Unendlich”) beschäftigt sich die Relativitätstheorie, mit dem unmessbar Kleinen (“Null”) beschäftigt sich die Quantenphysik.

Die abrahamitischen Religionen (Judentum, Christentum, Islam) tendieren zum Unendlichen und nennen es “Paradies” (“Ewigkeit”). Die asiatischen Religionen (insbesondere der Buddhismus) tendieren zum Null und nennen es “Nirvana” (“kein Schmerz”).

Dies sind die zwei verschiedenen Vorstellungsformen des Unmessbaren, die einander scheinbar (in der “Physik”) widersprechen. Jenseits dessen (in der “Metaphysik”) sind sie eins.

In dieser Welt ist ihr Zusammentreffen in den Momenten der Liebe erfahrbar. Dabei tendieren Menschen, die in ihrem Leben vorwiegend Freude erfahren haben, zum Maximum. (“Denn alle Lust will Ewigkeit.”) Menschen, die in ihrem Leben vorwiegend Leiden erfahren haben, tendieren zum Minimum. (“Was wird, vergeht.”) Der Freudvolle will alles, der Leidvolle will nichts. Wenn sie in Liebe zusammenkommen, treffen einander Paradies und Nirvana in der Unendlichkeit des gegenwärtigen Augenblicks.

Kein Geld der Welt kann diese Schönheit ermessen.

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