Der drohende Selbstmord

Wissen Sie, Anton Pawlowitsch, woran ich in diesem katastrophalen November gerade denke? An den Umgang mit dem Selbstmord. Ich habe sehr intensive Erinnerungen daran.

Vor 25 Jahren drohte mir mein Vater mit seinem Selbstmord, wenn ich nicht tun würde, was er wollte. Wir standen auf der Straße vor unserem Wiener Haus und er hatte einen fürchterlichen Streit mit meiner Mutter. Zu dieser Zeit war ich bereits in meinen Zwanzigern, er hatte die Familie vor Jahren verlassen und kehrte eines Tages zurück, um mit meiner Mutter zu sprechen und einige seiner Sachen mitzunehmen, die er noch in ihrer Wohnung hatte.

Nachdem mein Vater vorher angekündigt hatte, nach Wien zu kommen, nahm sich meine Mutter für jenen Tag einen Leibwächter. Dieser Leibwächter ließ meinen Vater nicht ins Haus und sagte ihm, dass meine Mutter ihn nach ihrer Arbeit im benachbarten Café treffen würde.

Nachdem meine Eltern in Anwesenheit des Leibwächters im Café miteinander gesprochen hatten, ging meine Mutter in Begleitung des Leibwächters wieder weg. Ich stand vor dem Café auf der Straße, weil ich geholfen hatte, die Sachen meines Vaters herunter zu bringen. Und nachdem meine Mutter gegangen war, kam auch mein Vater aus dem Café auf die Straße. Ich wartete dort, um ihm seine Sachen zu übergeben.

Mein Vater kam auf mich zu und forderte mich auf, diese wieder zurückzunehmen. Und dann drohte er mir: “Sonst bring’ ich mich um.”

Ich stand auf der Straße vor dem Café, seine Bücher und Unterlagen neben uns, und sah ihn an. Und ich antwortete: “Dann bring dich eben um.”

Er drehte sich um, stieg in sein Auto und fuhr davon. Ich stand auf der Straße vor dem Café, seine Bücher und Unterlagen neben mir, und sah ihm nach.

Jetzt, fünfundzwanzig Jahre später, bin ich froh, dass er noch lebt.

Ich liebe ihn.

Ich danke Ihnen, Anton Pawlowitsch, dass Sie mir zugehört haben. Ich wünsche Ihnen eine gute Nacht!

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